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Der Herausforderer: Erdogans neuer radikaler Konkurrent tritt auf die politische Bühne

Vor fünf Jahren wurde Ekrem Imamoglu zum Oberbürgermeister von Istanbul gewählt, was als symbolischer Erfolg für die Republikanische Volkspartei (CHP) galt und ein Schlag gegen das Erdogan-Regime war. Bei der Präsidentschaftswahl 2023 trat jedoch nicht Imamoglu, sondern der damalige CHP-Chef Kilicdaroglu an und verlor. Das breite Bündnis der Erdogan-Gegner brach auseinander und Imamoglu kämpft nun bei der Kommunalwahl um sein politisches Überleben. Die Neue Wohlfahrtspartei (YRP) unter der Führung von Fatih Erbakan tritt als überraschender Konkurrent gegen die AKP an und könnte diesen in Istanbul besiegen. Obwohl Erbakan nicht über Charisma verfügt, hat er strategischen Weitblick und konzentriert sich auf Basisarbeit in der Provinz und in urbanen Arbeitervierteln. Sein Erfolg könnte eine politische Karriere bis nach oben bedeuten, trotz der Gegenwehr des Erdogan-Regimes.

Die politische Landschaft in der Türkei

Ein Blick zurück auf den Aufstieg von Erdogan und Imamoglu

Vor fünf Jahren ging der Stern des Ekrem Imamoglu auf. Der smarte wie kämpferische Politiker der Republikanischen Volkspartei (CHP) wurde zum Oberbürgermeister von Istanbul gewählt. Ein symbolischer Erfolg in der Metropole, in der ein Vierteljahrhundert zuvor Recep Tayyip Erdogan ins selbe Amt gewählt worden war – und ein empfindlicher Schlag für das Erdogan-Regime.

Doch anders als erwartet, trat bei der Präsidentschaftswahl 2023 nicht Imamoglu gegen Erdogan an, sondern der damalige CHP-Chef Kemal Kilicdaroglu – und verlor. Das breite Bündnis der Erdogan-Gegner, das beide unterstützt hatte, ist in Einzelteile zerfallen. Statt Aufbruchsstimmung herrscht Enttäuschung. Und Imamoglu ist ein Amtsinhaber mit durchwachsener Bilanz.

Die aktuellen Wahlen und die Rolle von Fatih Erbakan

Bei der Kommunalwahl an diesem Sonntag kämpft Imamoglu ums politische Überleben. Sein Glück: Erdogans Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) schickt mit Ex-Umweltminister Murat Kurum einen blassen Technokraten ins Rennen. Und die AKP hat es mit einem überraschenden Konkurrenten zu tun: der Neuen Wohlfahrtspartei (YRP), angeführt von Fatih Erbakan, Sohn des Gründers der islamistischen Milli-Görüs-Bewegung, Necmettin Erbakan.

So wie die säkular-nationalistische und die kurdische Konkurrenz Imamoglu die entscheidenden Prozentpunkte abjagen könnte, könnte die YRP die AKP den Sieg in Istanbul kosten. Zudem hat die YRP Chancen, in der achtgrößten Stadt des Landes, in Sanliurfa, sowie einigen kleineren Orten zu gewinnen.

Der politische Werdegang von Fatih Erbakan

Ein großer Teil des Personals der YRP stammt aus den Reihen der „Partei der Glückseligkeit“, die es nie über eine vereinzelte lokale Bedeutung hinaus gebracht hatte, ergänzt um einige AKP-Abtrünnige. Nur der heutige 45-jährige Parteichef – promovierter Elektroingenieur, mit vollem Namen Muhammed Ali Fatih Erbakan, benannt nach der US-Boxlegende – betrat erst mit der Gründung der Neuen Wohlfahrtspartei im Jahr 2018 die Bühne.

Er hat sich auch nie dem Anti-Erdogan-Block angeschlossen. In den Augen islamistischer, nationalistischer und konservativer Wähler bedeutet das: Er hat keinen Verrat begangen und bietet eine Alternative innerhalb der Rechten an.

Die politischen Ziele und Strategie von Fatih Erbakan

Darin notiert: Korruption und Vetternwirtschaft bekämpfen, das Verbot von Gewalt in der Ehe abschaffen, Ehebruch unter Strafe stellen. Diese Ziele sieht Erbakan nicht erreicht, weshalb er nun auf Distanz geht. Doch er weiß, dass für viele unzufriedene AKP-Wähler Kritik am Staatspräsidenten ein Sakrileg ist, das er weitgehend vermeidet.

Sein höfliches, leicht sprödes Naturell sollte aber nicht über seine fundamentalistischen Ansichten hinwegtäuschen. Ein weiteres Erfolgsrezept: Erbakans Neue Wohlfahrtspartei konzentriert sich weder auf Oppositionsarbeit im machtlosen Parlament noch auf Social-Media-Aktivismus. Sie macht Basisarbeit.

Fazit

Die politische Landschaft in der Türkei ist im Umbruch, und die anstehenden Wahlen könnten entscheidende Veränderungen bringen. Mit Politikern wie Fatih Erbakan, der eine neue Richtung innerhalb der Rechten aufzeigt, wird deutlich, dass die Türkei vor einem spannenden politischen Prozess steht. Es bleibt abzuwarten, wie die Wahlen ausgehen und welche Auswirkungen sie auf die politische Zukunft des Landes haben werden.

Der Herausforderer: Erdogans neuer radikaler Konkurrent tritt auf die politische Bühne